«Ich bin zurück»: Nicole startet nach Brustkrebs-Schock neu durch.
Die Popsängerin Nicole hat schwere Zeiten hinter sich. Eineinhalb Jahre kämpfte sie gegen Brustkrebs. Jetzt feiert sie ihr Comeback auf der Bühne. Und genießt ihr «zweites Leben».
Saarbrücken (dpa) – Für Nicole war es der bisher größte Kampf ihres Lebens. Neun Chemotherapien und 28 Bestrahlungen hat sie über sich ergehen lassen müssen, um den Brustkrebs zu besiegen. «Es war ja mein Ziel, wieder auf die Bühne zu gehen. Und das habe ich jetzt erreicht», sagt die Sängerin des Superhits «Ein bisschen Frieden», die sich nach rund eineinhalb Jahren Krankheit nun bei ihren Fans
zurückmeldet: An diesem Freitag (21. Oktober) erscheint ihr neues Album «Ich bin zurück», zeitgleich fällt der Startschuss für ihre Tournee in Rheinland-Pfalz und im Saarland.
«Mir geht es wieder gut. Ich war immer eine Kämpferin», sagt Nicole (57), die Musikerin aus dem Nordsaarland, die 1982 für Deutschland den Eurovision Song Contest (ESC) gewann. Nach ihrer Heilung sei jetzt vieles anders. «Man muss sich klarmachen, dass der liebe Gott einem ein zweites Leben geschenkt hat. Das hätte ja auch in die andere Richtung gehen können.» Sie lebe heute bewusster, genieße mehr den Augenblick, habe eine neue Einstellung zum Leben. «Ich tue in erster Linie das, was wichtig ist für mich.»
Den Titelsong «Ich bin zurück» habe Liedermacher Heinz Rudolf Kunze, mit dem Nicole seit vielen Jahren befreundet ist, ihr «in 24 Stunden auf den Leib geschrieben. Ich habe ihm den Titel und Stichworte gegeben – und er hat ins Schwarze gezielt.» Auf dem Album sind sechs weitere neue Lieder plus sieben Klassiker in neuen Interpretationen zu hören. Darunter eine neue Version des ESC-Gewinnersongs «Ein bisschen Frieden» – erstmals auch auf Russisch.
Noch sei nicht alles wie vorher, sagt Nicole. Die Medikamente hätten natürlich ihre Spuren hinterlassen. Und ja, natürlich habe sie auch Angst, dass der Krebs wiederkommen könnte. «Jeder, der die Krankheit hatte, lebt ständig damit.» Aber jetzt sei sie zuversichtlich und voller Energie. «Ich stehe auf dem Gipfel, habe allen Ballast abgeworfen, schaue in das Weite vor mir und genieße es.»
Nicole hat bereits mehr als 20 Alben veröffentlicht und zig Millionen Tonträger verkauft. Und sie will weitermachen: «Ich habe gesagt: Eine Runde mache ich noch.» Wie lange diese Runde sein werde, wisse sie nicht. «Ich warte jetzt erst einmal die nächsten ein, zwei Jahre ab, wie sich das bei mir weiter entwickelt.» Klar sei aber: «Mit 80 werde ich nicht mehr auf der Bühne stehen.»
Seitdem sie Ende April ihre Erkrankung öffentlich machte, habe sie viel Post bekommen. «Der Briefkasten ist übergequollen», erzählt sie.
Viele Briefe kamen von Frauen mit dem gleichen Schicksal. «Man ist sich dann so nah, ohne sich zu kennen. Man weiß genau, die macht das Gleiche mit.» Es gab aber auch Briefe von Männern, die geschrieben
hätten: «Meine Frau macht das auch gerade durch.»
Ihr habe als Katholikin der Glaube geholfen, erzählt Nicole. «Das letzte Quäntchen hängt dann doch schon irgendwie von einer höheren Macht ab. Und das ist nun mal der liebe Gott.» Sie habe in der Zeit immer gebetet: «Wenn es eine Möglichkeit gibt, mach, dass alles wieder in Ordnung kommt. Ich habe ja noch einen Auftrag. Es ist mir zu früh.» Auf keinen Fall habe sie gewollt, dass der Krebs ihre Karriere beendet. «So wollte ich nicht abdanken.»
Ihr «Kerzenverschleiß» habe sich seit ihrer Brustkrebs-Diagnose im Dezember 2020 «um ein Vielfaches» erhöht. Gesungen habe sie in der Zeit aber gar nicht. «Anderthalb Jahre nicht singen, das gab es bei mir noch nie», sagt Nicole, die mit vollem Namen Nicole Seibert heißt. Aber sie singe eben nur, wenn es ihr gut gehe. Ihre Stimme habe sich mit dem Krebs jedoch nicht verändert. «Die Stimme ist das einzige, das nicht gelitten hat.»
Vor dem Krebs habe sie in ihrem Leben nicht «sehr viel zu kämpfen gehabt», sagt Nicole. «Ich habe schon so viel Glück gehabt. Ich habe immer gesagt: Ich bin ein Sonntagskind.» Neben dem beruflichen Erfolg ist bei ihr auch familiär alles wie im Bilderbuch: derselbe Ehemann seit fast 40 Jahren, zwei Kinder, zwei Enkelkinder. «Die Familie ist das A und O», betont sie.
Sie wolle anderen betroffenen Frauen Mut machen. Und daran erinnern, Vorsorgetermine einzuhalten. «Die Zeit ist hier dein größter Feind:
Je früher man die Diagnose bekommt, desto höher die Chance der Heilung.» Ihre zwei Tumore seien auch nur entdeckt worden, weil sie wegen Corona eine Reise nach Südafrika gecancelt und fällige Arzttermine wahrgenommen habe. «Es sollte so sein. Es gibt keine Zufälle», ist sich Nicole sicher.