Die Frage aus ihrem ersten größeren Erfolgshit dürfte sich Madlen Rausch auch das eine oder andere Mal im Alltag gestellt haben. Womit sie das «verdient» habe, fragt sie in ihrem Schlagerlied. Vielleicht war’s vor allem die Leidenschaft, sagt sie vor ihrem bislang größten Auftritt.
Der Auftritt auf dem Magdeburger Stadtfest. Kleine Bühne, große Aufregung. Und ein Highlight in der noch kurzen Schlager-Karriere von Madlen Rausch. Endlich wieder Bühne, endlich wieder singen. Da macht es dann auch nichts, wenn kaum jemand zuhört. «Da standen an Pfingsten drei Leute vor der Bühne, zwei von denen kannte ich sogar noch», erinnert sich die 28-Jährige, die in Weimar lebt. «Und trotzdem war’s der Hammer. Das war einer meiner besten Auftritte, das hat richtig Spaß gemacht.»
Der Spaß dürfte bleiben, die Zahl der Zuschauer noch deutlich steigen, wenn die ursprünglich aus dem schwäbischen Münsingen stammende Schlagersängerin am 14. Oktober wieder die Bühne im Rampenlicht betritt und von Liebe, Lust und Zweisamkeit singt. Nicht beim Stadtfest, sondern bei der «Schlagernacht» in der Stuttgarter Schleyer-Halle vor rund 12 000 Zuschauern. Rausch ist «die Neue» auf der Tour, die unter dem Titel «Die große Schlagerparade» bekannt geworden ist und seit 25 Jahren durch Deutschland zieht.
«Ich komme hier aus dem Nichts, ich komm oben vom Wald aus Münsingen», erzählt sie beim Gespräch im Stuttgarter Tonstudio. «Mich gibt’s ja als Schlagersängerin erst seit ein paar Wochen.» Mit ihrer Debüt-Single mit dem zugegeben etwas zweideutigen Titel «Womit habe ich Dich verdient?» ist Rausch in den Schlager-Charts bis auf den neunten Platz geklettert, bei der «Schlagernacht» in Erfurt war sie mit zwei Songs bereits zu Gast. Nach Stuttgart steht ein weiterer Auftritt in Nürnberg an, danach ist vieles noch offen. «Da hat sich eine Chance ergeben und die habe ich ergriffen», sagt sie. «Ich will mir nie die Frage stellen, was sonst gewesen wäre.»
Dabei hätte «sonst» das eine oder andere gewesen sein können. Denn der Lebenslauf der Musikerin liest sich so zusammengerührt wie die Karte einer Cocktailbar. Musiziert und gesungen hat die Wahl-Thüringerin zwar immer, mal auf Hochzeiten, mal in der Fußgängerzone und mal in einer Partyband auf der Schwäbischen Alb. «Das schwerste Publikum in den Festzelten hab ich schon hinter mir», sagt sie. «Da wartet keiner auf Dich, da überzeugt man oder eben auch nicht.» Rausch absolvierte auch eine Ausbildung an der Freiburger Schauspiel- und Musicalschule, sie trat unter anderem im «Phantom der Oper» auf und in «Der kleine Horrorladen».
Die 28-Jährige ist aber auch studierte Politologin und angehende Journalistin. «Mit 18 wollte ich die Welt verändern, das gibt’s wahrscheinlich bei vielen in dem Alter», erzählt sie. «Und dann hat mir der Studiengang in Freiburg eben genau das versprochen: Ich könne die Probleme lösen, hieß es da. Das war genau das, wovon ich damals träumte.» Letztlich habe sie sich aber auch an der Universität nicht lösen können von ihrer Leidenschaft. «In meinen Hausarbeiten ging es immer um Musik. Ich habe Nationalhymnen und die Musik im Nationalismus analysiert, habe geschaut, was bei den Gesängen in einem Fußballstadion passiert, und ich habe über den Gangnam Style geschrieben.»
Nach dem Studium stehen der Münsingerin die Wege nach Oxford oder zur EU offen. Andere aus ihrem Studiengang nehmen sie, Rausch bleibt – und singt. Sie habe irgendwann einfach gemerkt, dass man mit Politik nun doch nicht die Welt verändern könne. «Aber durch das direkte Feedback auf der Bühne merke ich, dass ich etwas geben kann und es mir auch viel gibt. Man kann durchs Singen auch etwas verbessern, zumindest in diesem einen Moment.»
Während der Corona-Pandemie rückt die Bühne allerdings in weite Ferne. Rausch zieht nach Weimar, studiert bis zur Masterreife Medien-Management und heuert dort bei einem Radiosender an. «Ich musste erst am Hörertelefon die Pöbler und Impfgegner besänftigen, dann habe ich Wetter und Verkehr vorgelesen, bis mir ein Volontariat angeboten wurde.» Mit dem Mikrofon in der Hand steht sie nun unter ihrem Geburtsnamen wieder auf der Bühne, singt aber keine Schlager.
Schlager. Nicht gerade eine Mehrheitsmeinung in ihrer Generation. Warum begeistert sich die Sängerin dennoch für Vierviertel-Takt, eingehende Melodien und Textzeilen wie «Du und ich, Zweisamkeit im Mondscheinlicht»? Viel anfangen kann die 28-Jährige mit der Frage nicht: «Es geht mir darum, good vibes zu verbreiten, gute Stimmung. Deshalb sind auch meine nächsten Songs alle voller guter Laune. Einfach schöne positive Texte, die Spaß machen.» Sie singe auch keinen Schlager, sagt sie, sie mache Musik. «Da sehe ich keine Grenzen. Das überlasse ich anderen. Wenn mich jemand fragt, sage ich, dass ich Sängerin bin.»