Immer wieder singt sie von unendlicher Liebe, von Glück und großer Sehnsucht, oft auch von Trauer, heilloser Wut und schier grenzenloser Leidenschaft. Dazu ein einprägsamer Refrain, meist ein stampfender Discofox und Synthesizer. Seit mehr als drei Jahrzehnten versetzt Andrea Berg mit diesem Rezept ihre Fans in Schlagerseligkeit, sie füllt auf ausverkauften Tourneen die Hallen, verkaufte bislang mehr als 16 Millionen Tonträger und erhielt acht Echos. Kein weiblicher Act hat mehr Nummer-eins-Platten in den offiziellen deutschen Charts platzieren können.
Es ist eine sichere Wette, dass die 58-jährige Musikerin aus dem württembergischen Aspach auch mit ihrem neuen Album (Veröffentlichung am 18.10.) an der Spitze landen wird. Es wäre bereits das 14. Mal.
«Andrea Berg» hat sie ihr neues Werk mit einem Dutzend selbst geschriebener Schlagersongs genannt. Balladen wie «Du bist der Kompass» sind dabei und «Nirgendwo anders», aber auch typische Schlager wie «Gib mir Deine Hand». Drei Jahre habe sie am Album gearbeitet, erzählt sie. «Da muss man ein Langstreckenläufer sein, denn jede Geschichte ist von mir, jedes Wort ist von mir», verspricht sie ihren Fans. «Da ist genau das drin, was draufsteht.»
Berg: Will Schlager machen, das ist mir genug
Berg bleibt ihrer Linie treu, auch ihr neues Album ist fest in Schlager-Hand. «Ich ändere meinen Stil nicht», sagt sie. Und neu erfinden müsse sie sich auch nicht. «Ich mache weiter mit den Songs und Texten, weil ich merke, dass es den Menschen etwas gibt, dass sie Halt in meiner Musik finden.» Sie wolle sich nicht auf andere Pfade begeben. «Ich möchte Schlager machen. Und das ist mir genug.» Entertainerin sei sie. Nicht mehr und nicht weniger.
Natürlich, auch mit dem neuen Album wird Deutschlands Schlagerqueen vor allem ihre Fans überzeugen. Von denen gibt es aber immer mehr, zunehmend sind es Jüngere. Was sie singt, das haben ihre Fans schon erlebt. Die Musik des Schlagerstars ist für sie eine Therapie, eine «Hühnersuppe für die Seele», wie Berg es selbst nennt. «Ich will den Menschen immer etwas an die Hand geben, ohne dieses schwere Selbstmitleid, diese schreckliche Drama-Kompensation», sagt sie.
Wenig überraschend, aber erfolgreich
«Flügel geben, weil jeder sein eigenes Päckchen zu tragen hat», nennt sie das auch. Geteiltes Leid sei ja schließlich halbes Leid. «Und wenn ich meine traurigsten Momente, also wenn ich den Schmerz aufschreibe und ihn auf so ein Album packe, dann ist es ja auch für Menschen eine Hilfe, die sich vielleicht in einer ähnlichen Situation befinden.» Ihre Fans könnten sich vielleicht daran festhalten und sich sagen: «Okay, die Andrea hat das auch erlebt, dann schaffe ich das auch».
«Andrea Berg» – das Album – bietet denn auch wenig Überraschendes, sondern vor allem routinierten Schlager. Warum auch nicht? Gefällige Melodien sind dabei, einschmeichelnde Refrains, nicht wirklich neue musikalische Errungenschaften, aber Songs fürs Schlagerherz direkt aus der Hitschmiede, Herzschmerz-Geschichten und die eine oder andere schlagertypisch kitschige Offenheit wie «Ich habe heute Nacht mein Herz verloren, ich such‘ es überall». Das Gewohnte eben. Aber der eindrucksvolle Erfolg gibt der gelernten Arzthelferin und Operationsschwester Berg recht.
Das neue Album habe sie unter anderem versucht, positiv zu gestalten. «Ich wollte diese Leichtigkeit transportieren, ohne oberflächlich zu sein», erklärt sie. Ein bekennendes Schlageralbum sei das neue Werk. «Es hat eine entsprechende Tiefe und dennoch besitzt es Disco Fox-Melodien. Man hört diese Leichtigkeit heraus, mit der man dem Alltag entfliehen und auch ein bisschen flirten kann.»
Tournee im kommenden Jahr
Vom kommenden Februar an will die gebürtige Krefelderin die neuen Songs und Bestseller wie «Du hast mich tausendmal belogen» und «Diese Nacht ist jede Sünde wert» auf einer großen Arena-Tour auf die Bühne bringen. Unter dem Motto «Party, Hits, Emotionen – Die Tournee» singt sie in 21 Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Diese Bühnen sind für Berg so etwas wie eine zweite Heimat. Während sie Talkshow-Einladungen regelmäßig ausschlägt, selten Interviews gibt und nicht für Homestorys in Hochglanzmagazinen posiert, kann sie sich in Hallen vor Tausenden von Menschen sicher fühlen.
«Auf der Bühne bin ich eine Rampensau», sagt sie. «Im Stadion oder in den Arenen habe ich das Mikrofon, da kann ich mit jedem umgehen, das ist mein Metier und für mich der sicherste Ort auf der Welt. Da bin ich der Regisseur. Da hab‘ ich so das Gefühl, dass ich jeden einzelnen emotional umarmen kann.» Im richtigen Leben, da sei sie hingegen nicht so extrovertiert, sondern eher ein wenig zurückhaltend.
Dieses «richtige Leben» spielt sich für Andrea Berg in ihrer Heimat in Aspach nahe Stuttgart ab. Hier, wo sie die gewagten Bühnenoutfits in den Schrank hängt und das Flanellhemd anzieht, betreibt Berg mit ihrem zweiten Ehemann – dem Sportmanager und Hotelier Uli Ferber – nicht nur ein Hotel. Auch eine Arena gehört zum Berg-Ferber’schen Imperium. In Aspach pflegt die rotmähnige Berg das Image der nahbaren und herzlichen Nachbarin von nebenan, bringt auch mal ein Schnitzel an den Tisch der Hotelgäste und hält ein Schwätzchen. «Natürlich», «bodenständig», «sie selbst», das sind die Werte, mit denen «die Andrea» verbunden bleiben soll, auch im neuen Album.