CHEFSACHE – Macher im Gespräch mit Oliver Dunk. Gast im Mai 2020 Schlager-Rocker Ben Zucker.
Mit seiner unverwechselbaren rauchigen Stimme begeisterte er zunächst bei Florian Silbereisen am Samstagabend Millionen Fernsehzuschauer. Dann ging’s steil bergauf. Als supporting act, oder auf deutsch Vorgruppe, sang er sich in den Stadien 2018 in die Herzen der Helene Fischer Fans. Inzwischen kommt Zucker ganz ohne Zucker aus. Der Künstler hat 17 Kilo abgespeckt und sich mittlerweile bei 81 Kilogramm eingependelt. Er fühlt sich jetzt pudelwohl.
Das Interview zum Nachlesen:
Oliver Dunk: Unverkennbar diese Stimme, Ben Zucker bei Schlager Radio. „Der Sonne entgegen“, fünfmal Gold, über 100 Millionen Streams, einer der – ich sage mal – erfolgreichsten Schlagersänger in Deutschland und ich bin so froh, dass es ihn gibt, denn er ist für mich der lebendige Beweis, dass Schlager nicht miefig oder piefig sein muss. Schön, dass du bei mir bist, Ben Zucker.
Ben Zucker: Hallihallo. Freut mich.
Oliver Dunk: Vor etwas mehr als drei Jahren – kann man sagen ganz salopp – kannte dich kein Schwein. Kann man so sagen, ne? Jetzt gibt es Leute, die werden vermuten: Hm, der Erfolg ist ihm vielleicht zu Kopf gestiegen. Was antwortest du solchen Leuten?
Ben Zucker: Darüber habe ich noch nie nachgedacht, weil es einfach nicht der Fall ist.
Oliver Dunk: Aber das ist toll, dass du das sagst. Es gibt ja viele, die sind erfolgreich vielleicht mal mit einer Single und laufen hochnäsig…
Ben Zucker: Das kann durchaus sein. Das müssen sie dann in ihrer Reflexion mit einbauen. Allerdings weiß ich für mich, ich mache meine Hausaufgaben an der Stelle, wo ich sie machen muss und die mache ich liebend gerne, weil Musik ist mein Herzschrittmacher und dementsprechend ist das mein Fokus. Natürlich verdient man auch ein bisschen mehr Geld und es geht mir besser, na klar, das ist auch alles gut so. Aber das ist ja nicht mein Fokus. Deswegen mache ich ja nicht Musik.
Oliver Dunk: Also Authentizität ist dein größtes Kapital?
Ben Zucker: Kann man so sagen, ja.
Oliver Dunk: Mit Helene 2018 auf Tour. Das war im Grunde – könnte man sagen – der Durchbruch, oder?
Ben Zucker: Das war auf jeden Fall eine ganz tolle Startrampe und für mich mein persönlicher Ritterschlag, weil ich ja auch mit Helene zusammen dann ein Duett singen durfte im Stadion selbst. Alleine überhaupt im Stadion zu stehen war ja schon sehr, sehr aufregend und dann auch noch mit ihr zusammen und als sie dann auch noch zu mir sagte „Benny, du bist hier kein Support, du bist mit mir ebenwürdig und du spielst einfach nur vor mir und ich bin ganz doll stolz darauf, dass du mit mir auf Tour gehst“, das war sehr schön.
Oliver Dunk: Ja, und vor allen Dingen ein Jahr davor zum ersten Mal überhaupt aufgetreten im Fernsehen bei Florian Silbereisen.
Ben Zucker: Um Gottes willen, hör auf. Das werde ich nie vergessen. Das war ganz toll. Wow. Also ich weiß noch hinter dieser Schattenwand und ich muss wirklich sagen, ich habe gezittert. Ich stand da und die liebe Ute Freudenberg hat mich noch beruhigt vor mir, weil sie war nach mir dran und hat dann gesagt „Geh mal jetzt raus und jetzt reißt du da ab“ und das waren ganz ermutigende Worte und das war schön und dann bin ich da raus und ich weiß noch: Um Gottes willen. Boah! Da kriege ich jetzt noch Gänsehaut, wenn ich daran denkt: Oh Gott, was habe ich da…?
Oliver Dunk: Meine Erfahrung ist bei solchen Livegeschichten, in den ersten 30 Sekunden bis zu einer Minute merke ich immer diese Aufregung und dann irgendwie ist das wie so ein Heimspiel. Geht es dir ähnlich?
Ben Zucker: Ja, also ich bin vor Konzerten immer aufgeregt, auch früher schon, auch wie ich vor fünf Leuten gespielt habe oder eben vor 20.000 oder mehr. Das ist immer dieselbe Aufregung, es ist immer so eine Grundhaltung, wo ich feststellen muss: Oh Gott, jetzt, hu, hu, hu, okay, alles klar. Dann gehe ich raus. Das dauert dann ungefähr 15 Sekunden und dann geht’s los und dann bin ich auch drin und dann reiße ich ab.
Oliver Dunk: Ich kann mich erinnern mit Helene auf Tour im Berliner Olympiastadion 50.000. Ist dann eigentlich die Anspannung nochmal größer als wenn man weiß, dass da 4.000 im Saal sitzen und vielleicht 1 Million zu Hause am Fernseher?
Ben Zucker: Das ist vergleichbar. Natürlich im Stadion selbst war es dann für mich… Ich muss sagen, im Berliner Olympiastadion war es besonders aufgrund dessen, weil ich komme ja aus Berlin und das fühlte sich dann wie nach Heimat an und meine Stadt und da gehe ich jetzt raus und ich wusste: Okay, Benny, das sind jetzt deine 15 Warhol-Minuten. Jetzt musst du alles nutzen und alles geben und jetzt reißt du da ab. Dann bin ich da raus und habe alles gegeben, was ich geben konnte.
Oliver Dunk: Ben, was hast du von Helene gelernt bei dieser Tour?
Ben Zucker: Disziplin – ganz klar. Ich finde, Helene ist eine der diszipliniertesten und engagiertesten und, glaube ich, sehr, sehr hart am Arbeiten. Also das habe ich gesehen, das weiß ich. Die Show, die Konzeption und wenn man alles dann wie gesagt hat, dann hat man festgestellt oder feststellen können: Ach du grüne Neune. Über 200 Leute arbeiten da und ich weiß noch, das war… Das so zusammenzuhalten und das auch dann sozusagen darzubieten, da gehört schon sehr viel Disziplin und sehr viel Engagement dazu.
Oliver Dunk: Wo warst du vorher undiszipliniert?
Ben Zucker: Nein, ich glaube, ich war nie undiszipliniert. Aber ich fand es schön zu sehen aufgrund dessen, weil sie sie erstens diszipliniert, gleichzeitig aber auch so ehrfürchtig war mit mir und auch mit ihrem Umfeld, das fand ich sehr schön zu sehen. Also ich würde mal ein Beispiel nennen. Wenn man sie beispielsweise nicht gekannt hätte, man arbeitet aber dort und man läuft da so lang und trifft sie dann im Gang oder unterwegs und fragt sie dann „Entschuldigen Sie bitte, wo sind denn die Toiletten?“, dann würde sie den Weg zeigen. Sie könnte ja auch sagen „Sag mal, du weißt schon, dass ich Helene Fischer bin und das ganze Stadion ist hier gerade meins für den heutigen Tag“ und das macht sie, finde ich, aus und das ist so schön zu sehen, weil sie da überhaupt wirklich – man kann es so sagen – schmerzfrei ist und da sich überhaupt nicht wichtig nimmt, sondern sagt „Hier den Gang runter, links, rechts und alles klar, viel Spaß“. Das finde ich schon sehr beeindruckend.
Oliver Dunk: Das hat sie von Ben Zucker oder Ben Zucker von ihr. Beide authentisch.
Ben Zucker: Ja, absolut.
Oliver Dunk: Ben Zucker bei Schlager Radio und genau jetzt, und zwar jetzt. Los geht’s. Dein Magen.
Ben Zucker: Ein Magen war zu hören?
Oliver Dunk: Ja, ein Magen. Dein Magen, Ben. Du hast heute Morgen wenig gefrühstückt, oder? Eine Brezel war es, hast du mir im Vorgespräch gesagt. Wir können ja nach der Sendung was essen. Ein neues Album von dir gibt es. Wie soll ich sagen? Das ist ein besonderes Geschenk an die Fans, denn ein Teil ist Studio mit ein paar neuen Songs und dann sozusagen das Beste aus der Livetour im vergangenen Jahr in Berlin. Was war der Hintergedanke für diese Geschichte, also dieses Album? Habt Ihr gesagt „Jetzt ist Corona, jetzt gibt es keine Livemöglichkeit, geben wir das raus“ oder was war die Inspiration?
Ben Zucker: Nee, die Idee war ja schon vorher geboren. Wir hatten ja überlegt, in Berlin haben wir ja eine Live-DVD gedreht und wir wussten und ich wusste, diesen Moment möchte ich unbedingt festhalten und dann natürlich später veröffentlichen für meine Fans, die nicht dabei sein konnten, sowohl auf der Tour als auch in Berlin nicht dabei sein konnten. Das war einfach ein ganz, ganz toller, wichtiger, schöner Moment, weil einfach mein Berlin und das da stattfinden durfte und ich natürlich auch beeindruckt davon war, dass einfach über 12.000 Leute nur wegen mir gekommen sind.
Oliver Dunk: Das ist ja irre. Zwei Jahre vorher kennt dich niemand und dann kommen 12.000 Leute. Wahnsinn!
Ben Zucker: Ja. Fans, die für mich da waren, die Eintritt für mich bezahlt haben. Da bin ich schon sehr, sehr dankbar für und ehrfürchtig vor allem und demütig. Das ist überhaupt nicht selbstverständlich und das dann so erleben zu dürfen und da so abzureißen mit meiner Band und meinen Fans, das war sehr, sehr großartig. Das werde ich niemals vergessen.
Oliver Dunk: Wir haben ja vorhin schon gesagt, diese Authentizität ist ganz wichtig. Was ich mich natürlich frage und du kannst vielleicht die Antwort geben: Was macht das Phänomen Ben Zucker aus? Warum schaffst du es, 12.000 Leute in die Mercedes-Benz-Arena nach Berlin zu holen und andere machen gerade mal den Tempodrom mit 2.500 Leuten voll?
Ben Zucker: Das muss man erstmal machen: Tempodrom 2.500 Leute.
Oliver Dunk: Ja, genau. Aber 12.000 muss man erstmal machen.
Ben Zucker: Ja, das stimmt. Das kann ich dir nicht erklären. Ich mache mir darüber nicht so Gedanken, also nicht, weil ich da eitel bin oder denke „Weil ich einfach der Geilste bin“. Natürlich halte ich viel von meiner Arbeit und haue da voll rein und gebe da 120 Prozent und für mich sind Emotionen und klare Sprache immer im Vordergrund und Dinge, die ich erlebt habe sowohl autobiografisch als auch Ereignisse, die ich von außen wahrnehme, sind für mich immer sehr, sehr wichtig und darüber mache ich mir Gedanken und die schreibe ich oftmals auch auf und dann entstehen Songs dadurch. Ja, offensichtlich kommen meine Hausaufgaben da so ein bisschen an.
Oliver Dunk: Die Texte machst du aber nicht selber, sondern du hast dann ein Team, die das alles verfeinern oder wie habe ich mir das vorzustellen?
Ben Zucker: Nee, die Basis schaffe meistens immer ich. Es gibt auch Songs von außen, klar. Ich habe ein ganz liebes und tolles Schreiberteam. Mir ist immer wichtig, dass der Song am Ende des Tages steht und es geht auch ausschließlich um den Song und nicht um „Ich bin jetzt Ben Zucker und muss jetzt hier 100 Prozent meinen Erguss hier darlegen, damit ich mich fühle als derjenige, der alles alleine gemacht hat“. Sondern ich bin da immer offen für und ich fange immer an und schreibe los und es gibt aber auch einfach Momente, wenn ich feststellen muss „Oh, jetzt raucht mein Kopf und jetzt komme ich nicht weiter hier an der Stelle“ und dann rufe ich einen lieben Kollegen an und frage mal nach „Diggi, hast du vielleicht eine entsprechende Idee, hast du frische Gedanken, frische Ohren? Willst du mal reinhören“. „Ja, klar, komm ran“ und dann zack und dann geht es wie gesagt um den Song und wenn der dann stark wird, hole ich mir gerne auch Hilfe dazu.
Oliver Dunk: Jetzt haben wir eine Zeit hinter uns, wo wir fast alle zu Hause geblieben sind. Wie hast du die genutzt? Hast du mehr geschrieben? Hast du mehr geschlafen, mehr gefaulenzt, nachgedacht?
Ben Zucker: Irgendwie alles von allem.
Oliver Dunk: Mehr gegessen?
Ben Zucker: Ja, ein bisschen. Ging. Ich habe das Kochen so ein bisschen für mich entdeckt tatsächlich, das muss ich schon sagen.
Oliver Dunk: Was gibt es da so bei Ben Zucker?
Ben Zucker: Das ist unterschiedlich. Ich habe mir jetzt Köttbullar gemacht, aber wobei ich habe gehört von der lieben Kollegin Julia Lindholm – die ist ja Schwedin -, die hat gesagt „Es heißt nicht Köttbullar, es heißt Schöttbullar“.
Oliver Dunk: Die hast du nicht nur warmgemacht, sondern richtig so wie Königsberger Klopse…
Ben Zucker: Händisch, genau, und dann auch mit Beilage und so. Ich muss dazu sagen und ehrlicherweise dazu sagen: Ich habe einen kleinen Kumpel da stehen, der nennt sich Thermomix und der hilft mir dabei.
Oliver Dunk: Ich habe mich bisher an diese Dinger nicht rangetraut, weil ich denke: Irgendwie verdächtig, die können alles.
Ben Zucker: Die können viel, das muss man schon sagen.
Oliver Dunk: Hat sich denn irgendwas für dich jetzt verändert? Also mit welchen Erkenntnissen gehst du aus diesen sechs, acht Wochen Shutdown?
Ben Zucker: Ich muss dir sagen oder muss einfach sagen, dass ich sehr, sehr gerne zu Hause bin. Normalerweise bin ich ja – ich war jetzt fast 60 Tage zu Hause – das ganze Jahr verteilt über maximal 60 Tage zu Hause und sonst immer unterwegs. Das war natürlich sehr entschleunigend für mich. Ich konnte natürlich in der Zeit auch mal in Klausur gehen, reflektieren, runterfahren und feststellen, was die letzten drei Jahre einfach so los war und passiert ist und das war schon sehr… Wow, dachte ich mir. Nicht schlecht. Natürlich, wie du schon sagtest, ich habe auch gefaulenzt, habe Playstation gespielt, ein bisschen Sport getrieben, Songs geschrieben. Genau, wie gesagt…
Oliver Dunk: Schöttbullar gegessen.
Ben Zucker: Beispielsweise. Mir eine Suppe gemacht oder… Ganz viel gefacetimed unheimlich viel, telefoniert. Also extrem viel, das muss man schon dazu sagen. Ja, das waren so die Momente. Alles gut.
Oliver Dunk: Und das alles in deiner Heimatstadt Berlin.
Ben Zucker: Genau.
Oliver Dunk: Ben Zucker bei Schlager Radio. Neues Album „Wer sagt das – Zugabe live und Studio“ alles gemischt. Großartig. Ben, du bist ja wirklich ein Berliner Junge. Im Ostteil der Stadt aufgewachsen und dann irgendwann seid Ihr noch vor dem Mauerfall rüber in den Westen. Wie war das, über Ungarn oder über Tschechien dann?
Ben Zucker: Genau, erst… also ursprünglich bin ich geboren an der Küste, also Ueckermünde. Ich bin dann aber mit eins nach Berlin und da aufgewachsen in Berlin-Ost, genau. Eines Morgens hat mich meine Mum geweckt und dann hat sie gesagt „Wir fahren jetzt zu dem Onkel hinter den Bergen“ und so ging die Abenteuerreise für meinen Bruder und mich los.
Oliver Dunk: Wart Ihr auch in der Prager Botschaft damals?
Ben Zucker: Nee.
Oliver Dunk: Weil du sagst über Tschechien.
Ben Zucker: Ja, wir waren dann irgendwie ganz zum Schluss in Tschechien, ja. Ich kann mich noch erinnern. Manchmal bringe ich ein paar Sachen durcheinander. Meine Mama meckert dann immer mit mir „Ben, so war das jetzt nicht. Du musst das so…“. Ich so „Ja, okay“. Aber aus der Erinnerung heraus weiß ich noch, wir waren dann in Tschechien. Oder war das Ungarn? Nee, warte mal. Lass mich ganz kurz nachdenken. Wir waren erst in Tschechien, genau, da wurden meine Eltern kurz festgenommen. Dann mussten wir in so einer Herberge verweilen und sollten dann am nächsten Tag zurück nach Ost-Berlin gebracht werden. Dieses Haus wurde aber nur von so einer… Was heißt „nur“? Aber von so einer alten Dame bewacht. Die saß vor dem Haus und da war noch so ein anderer Motorradfahrer, der sollte auch zurückgebracht werden. Wir hatten so ein bisschen Ostmark da und dann haben wir sie bestochen und dann konnten wir wieder fliehen und hatten das Auto aber dann nicht mehr und dann sind wir ganz viel gelaufen. Dann sind wir irgendwann in Ungarn angekommen, genau, und mein Vater hat dann damals einen Taxifahrer angehalten, der da gerade langfuhr. Der war ganz lieb zu uns und der hat uns dann, nachdem wir schon tagelang dann auch im Wald geschlafen und zwischen Heuballen geschlafen haben, also tatsächlich immer nur nachts laufen konnten, weil ja die Polizei unterwegs war. Genau, und dann sind wir… aber ich habe das gar nicht so mitbekommen, weil meine Eltern das wirklich immer…
Oliver Dunk: Du warst sechs, glaube ich, damals.
Ben Zucker: Genau. Meine Eltern haben das schon so als wirklich Abenteuerreise mit ganz viel Freude und so verkauft, also im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Aber natürlich habe ich dann schon festgestellt, weiß ich noch, wenn meine Mum so einen dreckigen Pullover auf einmal anhatte oder wenn sie auch schon besorgter schaute, das hat man schon festgestellt. Wie gesagt dann angekommen. Der Taxifahrer war ganz doll lieb. Der hat uns dann zu sich nach Hause mitgenommen. Dann war seine Frau da, die hat uns dann so Fettbemmen geschmiert, so mit Butter und Brot. Wir hatten nicht so viel gegessen in der Zeit. Genau, und dann durften wir uns da auch baden und wieder frischmachen. Und der kannte das Flüchtlingslager. Da sind wir dann angekommen. Mein Vater war ein bisschen krank. Der hat unterwegs Flusswasser getrunken und ist daran erkrankt. Deswegen mussten wir eine Woche in diesem Flüchtlingslager bleiben. Aber es war schön, sofern man es so sagen kann, aber wir kamen ja auch da an und dann wurden gleich die sogenannten Klischees erfüllt: Banane, Snickers, Matchbox. Wow.
Oliver Dunk: Wo wart Ihr, in Ulm oder in…?
Ben Zucker: Erst war das noch in Ungarn, genau, bei Ungarn. Also in Ungarn, aber den Ort weiß ich jetzt leider nicht mehr. Wir sind dann von dort aus dann nach Laichingen gebracht worden später dann.
Oliver Dunk: Und dann ging es irgendwann wieder zurück nach Berlin. Wie alt warst du da?
Ben Zucker: Da war ich dann sieben, acht. 1990 Deutschland wurde Weltmeister, das weiß ich noch. Ich müsste sieben oder acht dann schon gewesen sein. Dann in die Oranienburger Straße und da habe ich dann noch so ein Jahr gewohnt und dann sind wir in die Leipziger Straße gezogen, dann später in die Wilhelm und da bin ich aufgewachsen.
Oliver Dunk: Und du hast auch mal in einem besetzten Haus gewohnt, ne?
Ben Zucker: Ja, sagt man immer gerne. Also es hat sich irgendwie ein ganz feiner Journalist ausgedacht.
Oliver Dunk: Ach, das stimmt nicht?
Ben Zucker: Na ja, es stimmt indirekt. Es ist so, dass wir da angekommen sind wieder in Berlin in der Oranienburger Straße damals, heute Heckmannhöfe, die heutigen. Und, genau, da war es so, dass die beste Freundin von meiner Mutter, die hatte einen Schlüssel beziehungsweise kannte den Hausmeister und er hatte alle Schlüssel für dieses Wohnhaus. Es war ja damals so, dass alle dann irgendwie im Westen waren. Keiner war mehr im Osten und die Oranienburger war ja damals… da hast du die Heuballen von links nach rechts wehen sehen und alles war zu, alles war abgepunked und keiner wollte das so richtig wohnen. Also nicht so wie heute! Und der Hausmeister hat uns dann eine Wohnung aufgeschlossen und da haben wir dann gewohnt – indirekt besetzt – und dann haben wir da gelebt. Die war aber auch leerstehend und so. Und dann war es so, dass der Besitzer oder der Mieter der Wohnung dann nach einem Jahr wiederkam und war aber ganz freundlich und dann sind wir…
Oliver Dunk: Bitte gehen Sie jetzt. Ich bin wieder da.
Ben Zucker: Genau, dann hatte meine Mum einen ganz lieben Arbeitskollegen auf ihrer Arbeit, genau, und der hat dann den Kontakt zur Leipziger Straße gehabt.
Oliver Dunk: Und dann ging es dahin?
Ben Zucker: Dann ging es dahin.
Oliver Dunk: In die Hochhäuser.
Ben Zucker: Genau.
Oliver Dunk: Mit 14 angefangen Gitarre zu spielen. Der Papa hat es dir beigebracht. War das immer der Wunsch, Musiker zu werden?
Ben Zucker: Was heißt „beigebracht“? Er hat mir schon die ersten Akkorde gezeigt und da ist es dann gewachsen. Ich weiß noch, da habe ich „Like a hurricane“ und dann „Heart of gold“ waren so meine ersten…
Oliver Dunk: Neil Young, großartig.
Ben Zucker: Ja, genau, Neil-Young-Songs und dann ging es rüber zu Kurt Cobain und Nirvana und da habe ich dann weitergemacht mit „Come as you are”, “Smells like teen spirt” und “Rape me” usw. und ich habe dann immer mehr gemerkt, dass da eine große Emotion in mir wächst und eine große Leidenschaft in mir wohnt, die jetzt immer größer und größer wurde. Dann habe ich nach einem halben Jahr die Gitarre wieder weggestellt, habe gesagt: Oh nee, das ist mir zu anstrengend. Da habe ich keine Geduld für. Und dann habe ich es aber konsequent durchgezogen und dadurch immer stärker… Dann hatte ich meine erste Band mit 16 und so ist es dann gewachsen und dann habe ich beschlossen: Ich werde Musiker.
Oliver Dunk: Einen Beruf gelernt?
Ben Zucker: Nein.
Oliver Dunk: Das ist nicht schlimm.
Ben Zucker: Nö, weiß ich. Du guckst mich gerade so an.
Oliver Dunk: Nee, nee. Ich habe überlegt, was ich jetzt antworte, damit es auch möglichst klug ist. Es gibt ja ganz viele Schauspieler, die haben nie eine Schauspielschule besucht und sind hoch ausgezeichnet. Also man muss das nicht unbedingt, wenn man einfach ein gewisses Talent hat. Und ich muss dir ganz ehrlich sagen: Ich hatte so als Kind immer die Vision „Ich möchte zum Radio“ – mit 14. Hat ja irgendwie scheinbar geklappt. Mein Vater aber hat gesagt…
Ben Zucker: Scheint so, ja.
Oliver Dunk: Mein Vater hat gesagt „Du musst einen Beruf lernen“ und ich musste Industriekaufmann lernen, weil der das wollte.
Ben Zucker: Hast du dann gemacht offensichtlich.
Oliver Dunk: Genau. Ich war ein bisschen älter äh ich bin ein bisschen älter als du und das waren vielleicht noch andere Zeiten und so.
Ben Zucker: Alles gut.
Oliver Dunk: Alles gut. Wunderbar.
Oliver Dunk: Ein ganz authentischer Musiker bei Schlager Radio. Es ist immer ganz interessant, wenn man nach einer Musik mal kurz nichts sagt, fängt der Ben an zu lachen so nach dem Motto: Was kommt jetzt?
Ben Zucker: Ich habe versucht zu lesen, was macht er, was hat er jetzt für eine Idee?
Oliver Dunk: Genau, kannst du Gedanken lesen?
Ben Zucker: Ich glaube nicht. Aber ich bin empathisch.
Oliver Dunk: Ja, das behaupte über mich auch, aber kennst du das auch? Frauen glauben ja oft, dass Männer eigentlich wissen müssten, was sie denken.
Ben Zucker: Ich glaube, dass Frauen oft, glaube ich, sagen, dass sie wissen, was Männer denken.
Oliver Dunk: Du musst doch, du musst doch… Ich kenne das so, dass … ich habe das auch von vielen bestätigt bekommen. Nach dem Motto: Schatz, du musst doch denken… du musst doch wissen, was ich denke oder was ich will oder so.
Ben Zucker: Sie über dich sozusagen?
Oliver Dunk: Ja, ja, genau.
Ben Zucker: Für sie sozusagen aufgrund dessen, weil sie dich kennt.
Oliver Dunk: Ja, dass ich schon vordenke, ja, genau. Hast du nie erlebt?
Ben Zucker: Äh? Nee.
Oliver Dunk: Okay. Was ich ganz beachtlich und auch wieder sehr sympathisch und authentisch finde, ist, du hast Klos geputzt und du hast das irgendwie nicht verheimlicht und hast gesagt „Okay, ich habe das gemacht und ich war quasi Backstagebetreuer, weil ich wollte irgendwie meine Vision leben, ich wollte mal auf der Bühne sitzen“. Wie war denn das? Du hast dann quasi das Klo geputzt und hast dich danach auf die leere Bühne gesetzt und Gitarre gespielt, oder was?
Ben Zucker: Die Bühnen wurden ja meistens abgebaut. Es war so, dass… ja, genau, Klos geputzt, ist ja ein ehrenwerter Job, den muss man ja auch machen, ist ja völlig klar.
Oliver Dunk: Absolut.
Ben Zucker: Und darüber hinaus war es dann so, dass ich dann aufgestiegen bin als Backstagebetreuer. Das heißt nicht, dass ich da jetzt dann die Stars betreut habe, sondern einfach nur die Räumlichkeiten und eben den Bereich sozusagen saubergehalten habe. Aber da konnte ich natürlich auch dann verschiedene Künstler sehen und näher sein und habe dann natürlich immer an der Seite stehen dürfen neben der Bühne und habe dann einfach in dem Moment, bevor der Künstler dann, beispielsweise Billy Idol oder Avril Lavigne damals, a-ha, Coldplay, die dann alle auf die Bühne gegangen sind und vorher noch so Rituale hatten, im Kreis standen. Da dachte ich: Ich will auch, ich will da auch hin.
Oliver Dunk: Hast du es visualisiert quasi für dich?
Ben Zucker: Ja, ich habe mich immer selbst auch auf der Bühne gesehen. Ich habe gesagt: Da muss ich rauf. Ich will das unbedingt machen.
Oliver Dunk: Großartig.
Ben Zucker: Ich habe da so einen Bock, Emotionen zu transportieren. Ich will das unbedingt machen. Und dann zu Feierabend war es ja dann so, dass die Leute dann, also die Fans dann raus mussten und wir haben sozusagen hinterher gefegt. Dann haben wir die Halle ausgefegt, genau, und dann wurde die Halle gewischt und fertig gemacht, die Toiletten alles ready und danach saß ich meistens immer noch da mitten in der Halle und es war ein guter Sound damals noch. Also wobei die Arena Treptow ist nicht bekannt für supercoolen Sound, muss man dazu sagen. Aber dann saß ich da immer noch und habe Gitarre gespielt.
Oliver Dunk: Ich finde das großartig, weil ich glaube auch immer, dass Visionen von heute die Wahrheiten von morgen werden. Du bist ein gutes Beispiel dafür. Hast du denn auch mal prominente Musiker persönlich sprechen können, so nach dem Motto „Gib mir mal einen Rat“ oder so?
Ben Zucker: Nee, das nicht. Nur so, ich weiß gar nicht, mit Coldplay habe ich… mit Chris Martin gab es aber nur tatsächlich auf der Toilette. Da hat er sich nur bei mir bedankt und gesagt…
Oliver Dunk: Danke, dass du das Klo putzt?
Ben Zucker: So ähnlich. „Dass du am Start bist und dass du hier das machst und danke dir dafür“. Da war ich natürlich… „Ja, gerne.“ Das war natürlich beeindruckend. Nee, ansonsten – ich kann nur sagen – durchweg waren alle ganz lieb. Also wirklich nette Künstler und alles cool.
Oliver Dunk: Ben, du hast mal in einem Interview gesagt – das ist, glaube ich, ein Jahr her – „Ich habe jetzt die Stimme, die ich auch tatsächlich habe“ und ich habe mich gefragt: Was meint er damit?
Ben Zucker: Mein Magen wieder.
Oliver Dunk: Wir brauchen dringend was zu essen für dich.
Ben Zucker: Einen Schluck Wasser muss ich gleich mal trinken.
Oliver Dunk: Besorge ich dir gleich.
Ben Zucker: Nee, alles gut, alles gut. Ja, die Stimme, ja, ja, die hatte ich… mit 14 ging es ja schon los und die hat sich natürlich im Laufe der Zeit entwickelt und das hat natürlich… ich habe viel gesungen und viel ausprobiert und dann ist das Fundament immer stärker gewachsen und so ging es dann weiter. Ich lasse sie auch immer pro Jahr, also die letzten drei Jahre immer pro Jahr dann einmal kontrollieren und auf Knötchen oder ob da irgendwelche Umstände… aber nee, es ist alles gut. Das ist tippitopp.
Oliver Dunk: Aber was mir auffällt, ist, ich glaube, wenn ich im Radio bin, spreche ich auch ein bisschen anders als privat. Die Sprechstimme ist eine andere als die Gesangstimme.
Ben Zucker: Das stimmt. Aber das ist ja bei Rod Stewart, Kurt Cobain, Bruce Springsteen nicht anders. Joe Cocker damals hat ja auch nicht…
Oliver Dunk: „I am sailing”.
Ben Zucker: Alles krasse Typen.
Oliver Dunk: Kennst du noch Hans Hartz?
Ben Zucker: Klar.
Oliver Dunk: Ja? Pass auf, ich will dir das ganz kurz mal vorspielen und den Hörern auch. „Die weißen Tauben sind müde. Sie fliegen lange schon nicht mehr“. Wunderschön, oder?
Ben Zucker: Großartig.
Oliver Dunk: Als ich dich zum ersten Mal gehört habe, habe ich an Hans Hartz gedacht. Ist das für dich ein Kompliment oder eine Beleidigung?
Ben Zucker: Ein Kompliment.
Oliver Dunk: Ja?
Ben Zucker: Ja, klar. Hans Hartz. Ich will aber nicht… das steht für sich. Da bin ich raus. Da kann ich nicht anfangen mit so einer Legende da irgendwie mich zu vergleichen.
Oliver Dunk: Aber Vorbild oder so?
Ben Zucker: Nee, das jetzt nicht. Dafür habe ich mich dann tatsächlich zu wenig beschäftigt. Aber ich habe den Vergleich schon öfter gehört und dann bin ich da auch ehrfürchtig und sage „Nee, das hat nichts mit mir zu tun im Sinne von: Da fange ich jetzt nicht an irgendwie…“. Das war auch eine andere Zeit und so. Nee, nee, da habe ich Respekt vor. Das macht man nicht.
Oliver Dunk: Ich wünsche mir den Sommer, der nie geht. Besungen wird er von Ben Zucker by Schlager Radio.
Ben Zucker: Das machst du doch mit Absicht.
Oliver Dunk: Es ist wirklich lustig. Wenn man Ben lang genug anguckt, dann fängt er an zu lachen. Ich stelle mir vor, wie ist das, wenn du ein Mädel zum Rendezvous triffst und die guckt dich nur lang genug an und sagt nichts. Dann fängst du auch an zu lachen?
Ben Zucker: Wahrscheinlich. Ich würde sie dann anlächeln. Bis es dazu kommt, hat man sich ja vorher schon verständigt oder unterhalten und dann…
Oliver Dunk: Klar. Du hast zwischendurch mal die Hände desinfiziert. Wir haben uns gar nicht berührt und so.
Ben Zucker: Das ist so drin. Das mache ich zu Hause auch ständig.
Oliver Dunk: Ich auch. Ich habe es im Büro hier.
Ben Zucker: Obwohl ich immer zu Hause bin und auch die ganze Zeit alleine und mache ich trotzdem. Irgendwie fühlt sich das dann immer nochmal verschärft sicherer an.
Oliver Dunk: Genau. Ich habe auch einen großen Verbrauch davon. Das soll nicht gesund sein, aber ich habe bisher…
Ben Zucker: Ich weiß. Ich habe auch schon geguckt und überlegt, nicht, dass die Hände sich irgendwann auflösen wie so ein Reptil.
Oliver Dunk: Genau. Zu Hause nutzt du es auch. Was ist es mit Urlaub eigentlich in diesem Jahr?
Ben Zucker: Mache ich zu Hause offensichtlich gerade.
Oliver Dunk: Zu Hause ursprünglich aus Mecklenburg. Fährst du noch in deine mecklenburgische Heimat?
Ben Zucker: Ich war jetzt einmal da. Für „Sommer, der nie geht“ haben wir ein Video gedreht, der Kameramann, Ben Wolf und ich. Und da war ich jetzt zwei Tage da. Das war sehr absurd, weil wir da bei 23 Grad im Schatten am Strand standen und alleine waren. Das habe ich noch nie in meinem Leben jemals gesehen. Das gibt es überhaupt nicht. Das war ein sehr absurder Moment, muss ich sagen. Aber natürlich für den Dreh an sich war das gut, weil es fürs Set gut passte. Aber es war schon nicht so schön. Normalerweise ist da immer die Hölle los und viel los und…
Oliver Dunk: Durftest du überhaupt nach Mecklenburg? Ich meine, du wohnst in Berlin. Das Land hat ja quasi die Grenzen dichtgemacht.
Ben Zucker: Meine Plattenfirma hat dann so einen Einreise…
Oliver Dunk: … Antrag gestellt. Wie früher.
Ben Zucker: Ja, so einen Passierschein. Also eine Arbeitsdringlichkeitsbescheinigung und eben…
Oliver Dunk: Und die wurde auch kontrolliert richtig?
Ben Zucker: Nee, wurden wir nicht. Überhaupt nicht. Da kennen mich ja viele und das war schön. Das hat trotzdem Spaß gemacht.
Oliver Dunk: Wenn du dich jetzt entscheiden müsstest Ostsee oder – keine Ahnung – Punta Cana Dominikanische Republik?
Ben Zucker: Dann gerne Ostsee.
Oliver Dunk: Ja? Warum?
Ben Zucker: Das fühlt sich für mich immer… ich mag diese Ruhe und Bodenständigkeit und diese kleinen Dinge. Lange reisen, durch die Gegend fliegen und wilde Pauschalurlaube, das mag ich eh nicht. Das fühlt sich immer nach Heimat an, wenn ich da oben bin und Wurzeln und da fühle ich mich automatisch sofort wohl und muss da überhaupt nicht lange irgendwie überlegen oder mich erstmal zurechtfinden. Das ist sofort schön.
Oliver Dunk: Familie ist ja auch schön.
Ben Zucker: Klar.
Oliver Dunk: Ihr seid drei Kinder. Mama hat euch quasi dann irgendwann später allein großgezogen. Deine Schwester, die ist jetzt quasi auf deinen Pfaden unterwegs. Sarah Zucker.
Ben Zucker: Jo!
Oliver Dunk: Jo! Ist das so ein ganz tolles Bruder-Schwester-Verhältnis?
Ben Zucker: Ja, klar.
Oliver Dunk: Ja?
Ben Zucker: Ich bin stolz wie Bolle auf sie.
Oliver Dunk: Wie alt ist die jetzt mittlerweile?
Ben Zucker: 29.
Oliver Dunk: 29?
Ben Zucker: Genau, und sie hat ja früher schon immer viel geschrieben und viel musiziert. Wir haben ganz, ganz früher, als sie noch kleiner war, haben wir auch ganz, ganz viel gesungen und verschiedene Coversongs ausprobiert und das fand sie immer schon ganz großartig und dann ist es dazu gekommen, dass ich weitergemacht habe und sie hat dann einfach angefangen zu studieren und wollte einfach den sicheren Weg gehen, weil sie dachte: Ah, nee, ich muss… Und sie hat ja auch bei ihrem großen Bruder gesehen: Ei, ei, ei, das ist jetzt nicht so einfach. Ja, und ich habe sie auch immer wieder zwischendurch ermutigt, dass wir irgendwann mal was zusammen machen und so und das fand sie auch immer dann toll. Und irgendwann kam der Moment dann, da habe ich zweimal in der Columbiahalle gespielt. Das war auf meiner Stadthallentour. Ich habe da eine Nummer gespielt, die ich aufgenommen habe mit dem lieben Claudia Capéo, „Ca va, ca va“ heißt die. Der war aber nicht da zu dem Zeitpunkt, der war selber auf Tour. Und dann habe ich den immer alleine gesungen und diesmal in Berlin dachte ich aber: Für den Abschluss, nee. Meine Schwester singt liebend gerne und spricht auch noch fließend Französisch. Die Kombi muss ich jetzt mal irgendwie herleiten. Dann habe ich sie angerufen, Große-Bruder-Ansage gemacht „Komm jetzt ran hier, lern den Text“.
Oliver Dunk: Musstest du sie groß überzeugen?
Ben Zucker: Nee. Also ja, sie war jetzt… „Nee, wie, da sind 3.000 Leute, wie soll ich…?“ Ich sage „Das machst du jetzt. Komm, los geht’s“ und dann ist sie gekommen und dann hat sie abgefeuert. Mein Plattenboss hat sie dann gesehen und meinte „Alter, wow“. Und so ging es dann los.
Oliver Dunk: Ein neues Album von ihr oder das erste Album kommt ja auch irgendwann raus, ne?
Ben Zucker: Genau, die sind jetzt gerade dabei, singen gerade ein, haben noch ein paar Sachen zu schreiben, aber das scheint jetzt demnächst loszugehen.
Oliver Dunk: Perfekt, kann man nur sagen. „Perfekt“ heißt das Lied, das du mit der Sarah zusammen gesungen hast. Sarah Ben Zucker, Ben Zucker bei Schlager Radio live aus der Mercedes-Benz-Arena in Berlin.
Oliver Dunk: Endspurt mit Ben Zucker bei Schlager Radio. Neues Album ist draußen. Beim Doppelalbum sind es zwei, normalerweise vielleicht vier, aber da sind es in dem Fall drei CDs. Ganz nett. Eine Studio-CD mit neuen Songs unter anderem und zwei Live-CDs aufgenommen in der Mercedes-Benz-Arena.
Ben Zucker: Richtig.
Oliver Dunk: Bist du stolz darauf?
Ben Zucker: Ja, total. Ganz kurz, entschuldige bitte. Zumal es auch so ist, dass ich, also wie du schon richtig gesagt hast, das Album, dann fünf neue Songs, das Livealbum, dann die Live-DVD oder auch BlueRay, kann man sich aussuchen, und noch eine Doku über die Konzertvorbereitungen zur Arenatour und da bin ich schon sehr stolz drauf. Da kriegt man einen schönen Einblick und finde ich gut. Also ich bin sehr, sehr stolz drauf. Also ich kann dir so sagen, dass ich das natürlich vorab schon gesehen habe, die Live-DVD, und mich dann so gefragt habe…
Oliver Dunk: Wer ist der Mann?
Ben Zucker: Wer ist dieser Typ da vorne? Nee, ist echt so. Das war…
Oliver Dunk: Echt, ja?
Ben Zucker: Ja, klar, kein Scherz. Ich habe wirklich… habe ich das echt macht, Mann? Ich habe das echt gemacht. Wirklich, habe ich großen Respekt vor. Also natürlich bin ich stolz auch auf mich, auf meine Band, auf mein… also das Ganze, mein Team vor allem, meinem 70-Mann-Team. Da war ja auch viel los und wir haben da alle so hart und toll gearbeitet, dass ich… Wow!
Oliver Dunk: Denk mal fünf Jahre zurück. Hättest du dir vor fünf Jahren vorstellen können, dass genau das passiert?
Ben Zucker: Nein. Ich habe natürlich da schon visionärisch Gedanken gehabt, ganz klar. Aber für mich war mein Ziel: Wenn mal 200 Leute so fünfmal im Monat oder zu meinen Konzerten kommen, dann habe ich alles erreicht. Dann kann ich von der Musik leben und dann kann ich mich daran erfreuen und das war immer das Schönste. Das war so ein Gedanke und selbst da habe ich mich schon vorsichtig herangewagt und nicht irgendwie… 200 Leute müssen erstmal kommen. Das musst du erstmal schaffen 15 Euro beispielsweise und das ist jetzt auch nicht selbstverständlich.
Oliver Dunk: Jetzt kommen 12.000.
Ben Zucker: Ja.
Ben Zucker und die Halbsätze
Oliver Dunk: Ich habe noch ein paar Halbsätze, bevor ich dich jetzt hier entlasse quasi aus dem Studio, die du bitte vervollständigst. Den Fernseher schalte ich immer ein, wenn…
Ben Zucker: … ich einschlafen möchte. Nee.
Oliver Dunk: Dann guckst du die Ben-Zucker-DVD.
Ben Zucker: Jedes Mal, bevor ich einschlafe, das erste, was ich mache. Nee, nee, nee.
Oliver Dunk: Meine größte Niederlage?
Ben Zucker: Größte Niederlage? Aufgrund der Zeit, die ich nicht habe, nicht so viel Zeit zu haben für meine Tochter.
Oliver Dunk: Die ist wie alt jetzt?
Ben Zucker: Acht. Also wir facetimen und es ist alles toll, aber ich wäre schon gerne ein besserer Vater.
Oliver Dunk: Wo ist die jetzt?
Ben Zucker: Bei ihrer Mama.
Oliver Dunk: Ich meine wo örtlich?
Ben Zucker: In Berlin.
Oliver Dunk: In Berlin auch?
Ben Zucker: Genau. Wir haben ein entspanntes Verhältnis, es ist alles cool. Das ist wirklich sehr relaxt. Es ist auch eine ganz tolle Mama und die macht das ganz, ganz toll und ich bin auch ganz doll dankbar, dass sie mich da so machen lässt und ganz klar und wir versuchen das immer so hinzukriegen. Das schaffen wir auch. Aber ich merke schon manchmal so: Schade, dass… da wäre ich manchmal ein bisschen besser. Aber dafür ist sie… es hat ja auch Vorteile.
Oliver Dunk: Aber jetzt hättest du sie ja oft sehen können, 60 Tage zu Hause?
Ben Zucker: Ja, das stimmt, aber das haben wir dann über… ja, das stimmt. Aber wir waren da vorsichtig, weil wir erst nicht wussten, das war ja auch erst unsicher und jetzt… wir haben da einfach gefacetimed. Ein-, zweimal war sie auch bei mir dann, klar.
Oliver Dunk: Ich finde das interessant, weil du das sagst, weil mein Sohn mittlerweile 25 ist. Ich sage auch: Meine größte Niederlage ist, dass ich quasi nicht mit ihm oder er nicht komplett bei mir großgeworden ist. Das ist etwas, was man, zwar auch, wenn man ein super Verhältnis hat, nie mehr nachholen kann.
Ben Zucker: Richtig, ja. Das ist wirklich eine Erkenntnis und ein Preis, den man dann dafür zahlt. Auch wenn ich weiß, sie ist abgesichert.
Oliver Dunk: Meine Schwäche ist?
Ben Zucker: Wodka. Ich liebe Wodka.
Oliver Dunk: Ja?
Ben Zucker: Ja, ganz ehrlich.
Oliver Dunk: Okay, also jeden Abend ein Glas Wodka zum Einschlafen?
Ben Zucker: Nein, nein, nein, nein, nein. Quatsch. Das habe ich übertrieben gerade. Aber ich meine nur, dass… nee, Schwäche… Ich hasse Unpünktlichkeit tatsächlich. Das kann ich überhaupt nicht ausstehen.
Oliver Dunk: Ich darf sagen, du warst auf die Minute pünktlich.
Ben Zucker: Mit mir kann man immer rechnen sofort.
Oliver Dunk: Ja, ja.
Ben Zucker: Da ist nicht lange… nee, nee, das passiert nicht. Ich mag dann auch nicht, wenn man so sieben Minuten vorher schreibt „Du, ja…“
Oliver Dunk: Es wird eine halbe Stunde später“. Da könnte ich kotzen.
Ben Zucker: Jetzt mal ernsthaft. Weißt du, früher war es dann so, ich will jetzt nicht hier anfangen: Früher war alles besser. Aber als ich noch 18, 19 war, da waren wir mit einem Nokia 3210 unterwegs und hatten 1 Mark 99 und konnten uns da kaum irgendwie anrufen und dann wussten wir aber: 18 Uhr, da treffen wir uns da. Und dann haben wir uns da auch getroffen. Dann war da nicht mit irgendwie vorher und am Dinosaurier vorbeigekommen, Haus ist eingestürzt und das ist alles Schwachsinn.
Oliver Dunk: Meine Geburtsstadt Berlin, wie würdest du diese Beziehung bezeichnen?
Ben Zucker: Es ist ja nicht meine Geburtsstadt. Aber…
Oliver Dunk: Okay, die Stadt, in der du aufgewachsen bist. In Ueckermünde großgeworden. Mit eins nach Berlin.
Ben Zucker: Ja. Berlin ist schön dreckig.
Oliver Dunk: Ich dachte, jetzt kommt „Berlin ist geil“. Nein, Berlin ist schön dreckig. Hast du auch nicht Unrecht.
Ben Zucker: Oder? Das meine ich positiv. Ich mag einfach dieses Berlin ist rougher und Berlin ist immer irgendwie… in ganz Deutschland hat Berlin immer so eine Extrawurst. Aber so eine positive, nicht „Wir sind jetzt was Besseres“ oder so, sondern einfach es ist ein anderes Lebensgefühl.
Oliver Dunk: Komm, denken wir positiv auch für Berlin.
Ben Zucker: Ja, natürlich.
Oliver Dunk: Alles wird gut.
Ben Zucker: Na klar.
Oliver Dunk: Ben Zucker bei Schlager Radio. Danke, dass du da warst. Alles Liebe, bleib gesund und bis bald.
Ben Zucker: Du auch. Danke dir.